Fundamentalangriff auf die Demokratie

Von der „Umvolkung“ zur „Klimadiktatur“

Die Rechte versteckt den Fundamentalangriff auf Demokratie und Menschenrechte hinter Formulierungen, mit denen sie in die Mitte der Gesellschaft vordringen will. Dazu nutzt sie weit verbreitete Vorurteile, Feindbilder und Verschwörungslegenden. Nach der „Überfremdung“ rückt die „Klimadiktatur“ in das Zentrum rechter Agitation.

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Eine Kundgebung von u.a. Pegida in Berlin, 1.12.2018

Abrechnung mit Bundeskanzlerin Merkel mit offener Gewaltdrohung

Anschluss gesucht – die „Neue Rechte“

Ab Mitte der 60er Jahre bildet sich innerhalb der Rechten eine Strömung heraus, die sich zur „Neuen Rechten“ erklärt. Sie sieht sich als Modernisierungsbewegung des verkrusteten Milieus der „Alten Rechten“, die „zwischen Spießbürgertum und NS-Nostalgie in eine tiefe Krise“ geraten ist. (1) Um aus der Isolation herauszukommen und wieder anschlussfähig zu werden, müsse man Ballast wie etwa die Leugnung des Holocaust abwerfen, rechte Politik neu definieren, sich ein intellektuelles Image geben und sich für zeitgenössische Debatten öffnen.

Dabei lässt die scheinbare neue Offenheit den Kern rechter Ideologie unberührt. So kann der Rechtsterrorist Manfred Roeder begeistert schreiben:

Die Neue Rechte propagiert die Ungleichheit aller Menschen und fordert die völkische Verwurzelung in einer hierarchisch gewachsenen Ordnung, in der eine Elite führt. Solche Töne hat man seit 1945 nicht mehr gehört. (2)

Ikone der Neuen Rechten in Deutschland ist der Publizist Armin Mohler. Mohler unternimmt bereits 1949 bei seiner Dissertation „Die Konservative Revolution in Deutschland von 1918 bis 1932“ den Versuch, eine eigenständige Tradition des radikalen Nationalismus außerhalb der NSDAP zu belegen und dadurch einen Teil der deutschen Rechten von den NS-Verbrechen zu entlasten. Zwar hält dieser Versuch einer Prüfung durch die historische Realität nicht stand (3), doch wird die These, der Nationalsozialismus sei nicht mit der traditionellen Rechten verwoben und nicht aus ihr erwachsen, sondern ein eigenständiges und neuartiges Phänomen, von nationalistischen und rechtskonservativen Kräften dankbar aufgegriffen.

Der Publizist Mohler, der zeitweise Redenschreiber und persönlicher Referent des CSU-Vorsitzenden und späteren bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß ist, verfolgt das Ziel, den Begriff des Konservativen so weit wie möglich nach rechts zu verschieben. Dazu prägt er den Begriff des „Demutskonservatismus“, der stets „im Banne von Auschwitz“ (4) steht und sich am „westlichen Liberalismus“ statt an den nationalen Interessen ausrichtet.

Mit Mohler beklagt die Neue Rechte eine „linke Hegemonie“, die ihren Ausgangspunkt in der Liberalisierung, Demokratisierung und Individualisierung der 60er Jahre habe. Diese linke Hegemonie gelte es durch die Hoheit über Begriffe, die Besetzung der Sprache und die Prägung des Alltagsbewusstseins in eine kulturelle Vorherrschaft der Rechten umzuwandeln. Die Neue Rechte prägt dafür den Begriff der Metapolitik.

Um dies zu erreichen, versucht sie mit ihren Themen, Begriffen und Deutungen in möglichst viele gesellschaftliche Bereiche einzudringen, Kontakte zu knüpfen und Einfluss zu nehmen – vor allem in bürgerliche, nationale und konservative Kreise und in Teile der Arbeiter*innenschaft. Dabei knüpft sie an tief verankerte Vorurteilsstrukturen an, die weit in die Mitte der Gesellschaft hineinreichen. Solche Vorurteilsstrukturen ergeben sich aus rassistischem Denken und Fremdenfeindlichkeit, dem Sozialdarwinismus, dem Antifeminismus, dem Antisemitismus, dem Antikommunismus, dem Antiziganismus, aus Vorurteilen gegen behinderte Menschen und homophoben Vorstellungen.

Anders als die „alte Rechte“ erweist sich die „Neue Rechte“ bei ihren Themen und Aussagen als geschickt und flexibel. So vermeidet sie es, die nationalsozialistischen Verbrechen zu leugnen oder zu verteidigen. Stattdessen streitet sie ab, dass die Erinnerung an die Verbrechen für das Deutschland von heute noch relevant ist und lehnt einen angeblichen „Kult der Schuld“ ab. Auch der Begriff des „Ethnopluralismus“ vernebelt die tatsächlichen Ziele. Es geht nicht um das gleichberechtigte und respektvolle Zusammenleben verschiedener Völker und Kulturen in einem gemeinsamen Staatsgebiet, sondern um die geographische und staatliche Trennung der Völker und Kulturen. Bei der NPD heißt dies weniger wohlklingend, dafür aber unmissverständlich: „Deutschland den Deutschen“.

Bei dem Versuch, mit rechten Thesen anschlussfähig zu werden und die Deutungshoheit über Begriffe und Themen zu erringen, kommen besonders zwei Techniken zum Einsatz: die Enttabuisierung und die Diskursverschiebung. Mit der Enttabuisierung („man wird ja wohl mal sagen dürfen“) werden letztlich die Grundlagen der Demokratie, die Menschenrechte, Gleichberechtigung und respektvolles Zusammenleben zur „political correctness“, also einem bloßen Verhaltenskodex abgewertet und zur Disposition gestellt. Dadurch sollen Begriffe und Deutungen, die bisher der Rechten vorbehalten waren, in das Zentrum des politischen Diskurses rücken und zu ernsthaften Alternativen werden.

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Rechte Kundgebung von u.a. Pegida in Berlin am 1.12.2018

Bei dieser Enttabuisierung und Diskursverschiebung gelingen der Neuen Rechten im letzten Jahrzehnt zwei Durchbrüche:

2010 erscheint das Buch „Deutschland schafft sich ab“ des ehemaligen Bundesbank-Vorstands und SPD-Mitglieds Thilo Sarrazin. Es ist der Türöffner, mit dem „Themen und Begriffe, die bislang in der äußersten Rechten zirkulierten, die ganze Gesellschaft erreichen“. (5) Sarrazins krude Kernthese ist: durch die hohe Geburtenrate in migrantischen Familien bei gleichzeitig geringen Geburten in deutschen Familien sei bei einem weiteren Zuzug von Migrant*innen der Zeitpunkt absehbar, an dem Migrant*innen die Mehrheit stellen und faktisch die Herrschaft in Deutschland übernehmen. Er bedient damit weit verbreitete Ressentiments gegen Migrant*innen und Ängste von einer „Überfremdung“, die dazu führe, dass die Deutschen letztlich zu einer diskriminierten Minderheit im eigenen Land werden. Gleichzeitig bereitet das Buch die Verschwörungstheorie vom „Großen Austausch“ vor. (6)

2015 dominieren in der sogenannten „Flüchtlingskrise“ zunächst Empathie mit den Geflüchteten, Hilfsbereitschaft und das Ziel, eine „Kultur des Willkommens“ zu schaffen und die entstehenden Probleme zu lösen, das öffentliche Bewusstsein. Es gelingt der Rechten, die öffentliche Debatte zu drehen. Wenige Jahre später ist die Aussage „2015 darf sich nicht wiederholen“ zum Mantra geworden. Der Fokus hat sich längst von der Hilfsbereitschaft zur Abwehr verlagert. Die Empathie mit hilfesuchenden Menschen unter elenden Bedingungen reicht nicht einmal, um wenigstens den Großteil der Geflüchteten in Lagern wie Moria aufzunehmen, das Erfrieren von Geflüchteten in den Wäldern von Belarus oder das Ertrinken von Geflüchteten im Mittelmeer zu verhindern.

Die Neue Rechte, lange eher ein Debattierclub, der durch gezielte Provokationen öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen will, findet sich nach den Durchbrüchen in einer neuen Situation wieder: „Eine bisher unbedeutende Szene“ schreibt Volker Weiß in seinem Standardwerk „Die autoritäre Revolte“, „fand eine wütende Basis… Bislang Offiziere ohne Soldaten, schien die Neue Rechte in den ‚besorgten Bürgern‘ die Armee gefunden zu haben, die ihnen so lange gefehlt hatte.“ (7) Sie stellt sich als Brückenbauer dar, der zwischen Neonazis, Unzufriedenen und Konservativen vermittelt – eine Rolle, die die Neue Rechte nicht nur in der „Flüchtlingskrise“, sondern später auch bei den Protesten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus übernimmt.

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Rechte Hetze. Die Rede von „Umvolkung“

Begierig und zielsicher greift sie Begriffe auf, mit denen Berührungsflächen und Resonanzräume geschaffen und Unmut gebündelt werden können – ob dies nun Political Correctness, die Homo-Ehe oder Gender-Sprache ist. Sie setzt dabei

auf die Bereitschaft des bürgerlichen Konservatismus, im Krisenfall sein Glück wieder im Schoße einer völkisch definierten, autoritär gegliederten Nation zu suchen. Dieses Potential des Konservativen, sich im Zweifel bis zur eigenen Auflösung zu radikalisieren, lässt die Geisteswelt der Neuen Rechten historisch wie gegenwärtig weit in faschistisches Terrain hineinragen. (8)

Häufig verdeckt die agitatorische Zuspitzung auf Themen wie „Überfremdung“ oder die angebliche „Corona-Diktatur“ die eigentlichen und langfristigen Ziele der Neuen Rechten, die in ihren Grundzügen bereits vor hundert Jahren entwickelt wurden. Die Weimarer Rechte sah sich in einer doppelten Frontstellung: einerseits gegen den Egalitarismus und andererseits gegen den Liberalismus. Für den Egalitarismus standen die bolschewistische Sowjetunion nach außen und Kommunist*innen und Sozialdemokrat*innen im Inneren. Für den Liberalismus standen die angelsächsischen Siegermächte, vor allem die USA, die angeblich dem besiegten Deutschland ihre Kultur aufzwangen. Das Gemeinsame an Egalitarismus und Liberalismus ist aus Sicht der Rechten der Universalismus, also der Anspruch, die grundlegenden und weltweit gültigen Rechte und Freiheiten der Menschen zu vertreten und sich damit im Einklang mit der Geschichte und dem Fortschritt der Menschheit zu befinden. Dieser universale Anspruch geht letztlich auf die Aufklärung, die Proklamation der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der Menschen und das Recht auf Selbstbestimmung zurück, die nach Ansicht der Rechten den völkischen Staat zersetzen, die autoritäre Ordnung und hierarchische Gliederung der Gesellschaft untergraben und an die Stelle der Herrschaft der Eliten die Herrschaft des Pöbels setzen. Hinter dem „zerstörerischen Universalismus“ wiederum sehen viele Rechte das „internationale Judentum“, das durch die Zersetzung und Auflösung nationaler Ordnungen und Kulturen seine Herrschaft erringt und festigt.

Dabei sehen viele „neue“ Rechte in der Tradition ihrer Weimarer Vordenker den gefährlicheren Feind im Liberalismus. Während der Egalitarismus und insbesondere der Kommunismus offen auftritt und bekämpft werden kann – was sich am Niedergang der sozialistischen Staaten vor aller Augen gezeigt hat – ist der Liberalismus ein schleichendes Gift, dessen zersetzende Wirkung längst zu Zerstörungen geführt hat, bevor es erkannt wird.

Die Neue Rechte knüpft damit an die Praxis der Weimarer Rechten an, die Moderne und insbesondere die freiheitliche Demokratie als aufgezwungene Kultur der Sieger zur Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln zu denunzieren. Gleich geblieben ist der rechte Kernsatz, den 1922 der Radikalnationalist Arthur Möller van den Bruck formuliert hat:

Am Liberalismus gehen die Völker zugrunde

Die Neue Rechte redet nicht aus religiöser Gegnerschaft von der drohenden „Islamisierung des Abendlandes“. Im Gegenteil ist die Rechte dem islamischen Fundamentalismus geistig wesentlich näher als der westlichen Moderne. Die „Gefahr der Islamisierung“ sieht sie nicht religiös, sondern ethnisch und kulturell begründet. Sie besteht nicht nur darin, dass ein „Trägervolk“ des Islams nach Deutschland und Europa eingewandert ist und sich Völker und Kulturen zu vermischen drohen. Die eigentliche und letztlich größere Gefahr besteht aus Sicht der rechten Vordenker darin, dass der westliche Liberalismus und die Demokratie die Widerstandskraft gegen den „Ansturm auf Europa“ geschwächt haben. Es geht also darum, die mit der Aufklärung und der Erklärung der Menschenrechte begonnene „Zersetzung“ und den Universalismus, der Menschen anderer Herkunft die gleichen Rechte zugesteht, rückgängig zu machen. Deshalb stellen die Ziele der Neuen Rechten nicht nur einen Angriff auf Minderheiten dar, sondern einen viel weitergehenden Angriff auf die Grundlagen der Demokratie und eines zivilisierten Zusammenlebens. (9)

Die AfD und der „Ansturm auf Europa“

Die AfD, die sich nach mehreren Häutungen immer weiter nach rechts bewegt hat, greift in den Parlamenten das Thema Flucht und Migration auf. Dieses Thema ist seit langem in das Zentrum rechter Agitation gerückt. Es bietet vielfältige Möglichkeiten, an nationalistische und rassistische Denkweisen und Vorurteile in der Bevölkerung anzuknüpfen und zugleich Ängste zu schüren und zu instrumentalisieren. Es bietet einen Sündenbock, der für alle möglichen Probleme verantwortlich ist und damit eine einfache Antwort auf die als bedrohlich empfundenen Folgen der Globalisierung. Vor allem jedoch bieten sich vielfältige Möglichkeiten sozialer Demagogie, wenn Migrant*innen und Geflüchtete als „Sozialschmarotzer“ gebrandmarkt werden, die den Deutschen Arbeit und Wohnung wegnehmen, die sich in die von Deutschen finanzierte „soziale Hängematte“ legen, das Rentensystem „unterwandern“ und nur darauf warten, ihre „Sippschaften“ nachzuholen. (10)

Die AfD bleibt beim Umgang mit den Themen Migration und Asyl häufig bewusst vage und zweideutig. Sie versucht, sich nicht in offenen Gegensatz zum geltenden Recht zu setzen, sondern die Grenzen des Sagbaren und Machbaren allmählich nach rechts zu verschieben. Dabei gibt es fließende Übergänge zu neofaschistischer Agitation, zu den Thesen der Neuen Rechten und zugleich zu Vorurteilsstrukturen, die weit in die gesellschaftliche Mitte hineinreichen. Diese Vorurteile bedient zum Beispiel die Co-Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion Alice Weidel, wenn sie in einer suggestiven Begriffskombination von „Kopftuchmädchen, alimentierten Messerstechern und sonstigen Taugenichtsen“ spricht. (11)

Geflüchtetenbewegungen werden oft und nicht nur von rechts außen als „Welle“ oder „Flut“ bezeichnet und damit einer Naturkatastrophe gleichgesetzt. Einen Schritt weiter geht Björn Höcke (AfD):

Unser liebes Volk ist im Inneren tief gespalten und durch den Geburtenrückgang sowie die Masseneinwanderung erstmals in seiner Existenz tatsächlich elementar bedroht. (12)

Bei einer Rede zum Thema „Ansturm auf Europa“ (13) greift er tief in die Mottenkiste der Rassenbiologie. Höcke stellt dem selbstzufriedenen „europäischen Platzhaltertypus“ den „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ (14) gegenüber, der Jahr für Jahr einen Bevölkerungsüberschuss von 30 Millionen Menschen erzeuge. Dieser Bevölkerungsüberschuss werde, wenn die Grenzen nicht geschlossen werden, nach Europa strömen und die Europäer*innen mehr und mehr verdrängen. Auch der Co-Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, spricht mehrfach von einer gegen das deutsche Volk gerichteten Politik der „menschlichen Überflutung“ und folgert daraus: „Wir müssen die Grenzen dicht machen und dann die grausamen Bilder aushalten“. Dies falle nicht leicht, aber „wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen.“ (15)

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Eine „Ausländer raus“-Version – wenn nicht freiwillig, dann durch Pogrome

Dauerbüßer der Geschichte?

Um nicht erpressbar zu sein, müsse Deutschland seine Rolle als „Dauerbüßer der Geschichte“ ablegen. Es gelte, so Björn Höcke, die „Geistesverfassung und den Gemütszustand eines total besiegten Volkes“ abzulegen und sich „Deutschland Stück für Stück zurückzuholen“. (16) Deshalb müsse man, so Alexander Gauland, sich zu der „ruhmreichen deutschen Geschichte“ und Nation bekennen. Denn „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“ (17)

In einer weiteren Rede in Elsterwerda spricht Gauland von dem „Versuch, das deutsche Volk allmählich zu ersetzen durch eine aus allen Teilen dieser Erde herbeigekommene Bevölkerung“. (18) Auch wenn Gauland nicht sagt, wer diesen Versuch unternimmt, nähert er sich der Verschwörungslegende von der „Umvolkung“ und dem „Großen Austausch“ an, die in Deutschland von der Neuen Rechten und vor allem von der „Identitären Bewegung“ vertreten wird. Danach ersetzen „Eliten“ nach einem geheimen Plan die europäische Bevölkerung mehr und mehr durch eine Mischbevölkerung aus Afrikaner*innen und Asiat*innen, um ihre Macht durch die Zerstörung nationaler Identitäten und völkischer Gemeinsamkeiten zu festigen. Die Eliten werden nicht näher benannt, aber immer wieder mit jüdischem Einfluss und jüdischem Kapital in Verbindung gebracht.

Die Lüge vom „Großen Austausch“ greift ebenso wie die Argumentation von Gauland und Höcke erneut die sozialdarwinistische Vorstellung vom „Kampf ums Überleben“ auf. Es geht deshalb nicht nur darum, Vorrechte der Deutschen gegenüber Zuwanderer*innen zu verteidigen und durchzusetzen. Vielmehr wird die Migration zu einer „existentiellen Bedrohung des deutschen Volkes“ (Höcke) erklärt, so dass deren Begrenzung und Rückgängigmachung eine Frage des Überlebens und ein Akt der Selbstverteidigung wird. (19)

Immer dabei: der Antisemitismus. Neue Verschwörungslegenden

Die Themen rechter Agitation wechseln rasch und beliebig. Immer geht es darum, Vorurteile zu bedienen, auch mit den abstrusesten Behauptungen Stoff für Empörung zu liefern und darauf zu setzen, dass die verbreiteten Gewaltfantasien enthemmen und in Taten übergehen.

Mittelalterlicher Ritualmord: Juden töten christliche Kinder, um deren Blut zu trinken. Diese antisemitische Lüge führte immer wieder zu Pogromen. Die Parallelen zur Verschwörungslegende QAnon sind unübersehbar.

Die Verschwörungserzählung QAnon geht von einer einflussreichen und weltweit agierenden „Elite“ aus, die Kinder entführt, gefangen hält und tötet, um aus ihrem Blut eine Verjüngungsdroge zu gewinnen. Die angeblichen Verbrechen dieser satanistischen Elite werden durch einen „tiefen Staat“, also nicht sichtbare Herrschaftsstrukturen und Verschwörungen gedeckt. Die Eliten werden wiederum nicht konkret benannt. Immer wieder taucht aber der Namen des Milliardärs George Soros auf, der als Kind jüdischer Eltern den Holocaust in einem Versteck überlebte.

Auch bei den aktuellen Verschwörungsfantasien wurden aus Worten Taten. Die Mörder von Christchurch, Halle und Hanau haben ihre Gewaltakte mit der Verschwörung zum „Großen Austausch“ und mit QAnon begründet. Sie hinterließen entsprechende Manifeste und verbreiteten Videos ihrer Massaker, um Nachahmungstäter zu finden.

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Plakat von Corona-Leugner*innen

Zeitlich begrenzte Einschränkungen werden mit dem Weg in die NS-Gewaltherrschaft und den Krieg gleichgesetzt. Dadurch werden gleichzeitig die NS-Diktatur und deren Verbrechen verharmlost.

Verschwörungsfantasien haben sich auch immer mehr bei den Protesten gegen die Einschränkungen zum Schutz vor Covid 19 Infektionen ausgebreitet. So wird behauptet, die „Eliten“ hätten Covid 19 erfunden oder die Gefahren maßlos übertrieben, um die Bevölkerung in Angst zu versetzen und ihr die Grundrechte zu nehmen. Querdenker-Anwälte sprechen von „unerträglichem Unrecht“ durch Maskenpflicht und Auflagen bei Demonstrationen. Während Neonazis und „Reichsbürger“ die Demonstrationen als Bühne benutzen, mehren sich die Aggressionen und Rechtsbrüche. Schon wird behauptet, die Jüd*innen hätten das Corona-Virus produziert und verbreitet, um sich am Verkauf von Masken und Impfstoffen zu bereichern.

Gleichzeitig zeigt sich eine neue Form der Holocaust-Leugnung, wenn sich Demonstrant*innen gegen die Corona-Maßnahmen einen Judenstern umhängen oder sich mit Anne Frank vergleichen, um auf ihre angebliche Verfolgung und Entrechtung hinzuweisen. Damit werden die wirklichen Opfer im Nachhinein verhöhnt. Der Holocaust wird zudem auf unerträgliche Weise banalisiert, wenn zeitlich begrenzte und vergleichsweise geringfügige Einschränkungen persönlicher Freiheiten zum Schutz der Allgemeinheit und besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen mit der vollständigen Entrechtung der europäischen Jüd*innen und deren systematischer Vernichtung gleichgesetzt werden. (20)

Siehe dazu das Video:
Wie Corona-Impfgegner den Holocaust relativieren (ndr): https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Havliza-sieht-in-Ungeimpft-Stern-Volksverhetzung,holocaust280.html

Wilhelm Heitmeyer, ehemaliger Leiter des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld, spricht von „rechten Bedrohungsallianzen“. (21) Kennzeichnend für die Entwicklung der Corona-Proteste und der „Querdenker“-Demonstrationen sei die „Erosion von Grenzziehungen“, die die Rechte nutze, um „Legitimationsbrücken“ zu schaffen. Ziel sei dabei, zu polarisieren und zu emotionalisieren und so Konflikte und staatliche Maßnahmen als existentielle Bedrohung darzustellen, die ein „Notwehrrecht“ schaffe. Daraus wiederum ergibt sich die Legitimation von Gewalt und Umsturzfantasien. Gefördert werden diese Gewalt- und Umsturzfantasien durch die Erfahrung, „den Staat und die Polizei vor sich her treiben zu können“.

Diese Agitations- und Mobilisierungsstrategien sind an kein bestimmtes Thema gebunden. Sie wurden zum Beispiel ebenfalls entwickelt und eingesetzt, um gegen Migrant*innen und Geflüchtete zu hetzen und die Anwendung von Gewalt zu rechtfertigen. Heitmeyer:

Die Themen wechseln, aber die Mechanismen bleiben, vor allem, wenn sie schon Erfolge hatten.

Die Rechte und der Klimawandel

Vieles spricht dafür, dass die angebliche „Klimalüge“ und die „Klimadiktatur“ in den nächsten Jahren im Zentrum der rechten Agitation stehen wird. (22)

Dabei macht sich die Rechte ein Dilemma zu Nutze:

Einerseits sind rasche und weitreichende Maßnahmen gegen den Klimawandel unumgänglich, um die Lebensgrundlagen der Menschheit zu erhalten. Bereits jetzt, bei einer Erderwärmung von 1,2 Grad, häufen sich verheerende Überschwemmungen, katastrophale Dürren und dadurch bedingte Hungersnöte, Stürme und Waldbrände. Die Folgen des Klimawandels werden exponentiell zunehmen und nicht mehr kontrollierbar sein, wenn die Erderwärmung fortschreitet und die Kipppunkte im Klimasystem etwa durch das Abschmelzen der Pole, die Zerstörung des Regenwaldes, das Auftauen von Permafrostböden oder das Abschmelzen der Gletscher im Himalaya überschritten werden.

Diese Situation erzeugt ebenso wie das Artensterben einen Handlungsdruck. Essenziell ist dabei, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Dies erfordert den beschleunigten Ausbau regenerativer Energien, zugleich die Verringerung des CO2 Ausstoßes durch neue Mobilitätskonzepte, durch veränderte Bauweisen, veränderte Ernährungsgewohnheiten und landwirtschaftliche Anbauweisen, andere Produktions- und Arbeitsformen, ein anderes Konsum- und Freizeitverhalten, kurz: eine veränderte Lebensweise.
Andererseits wirkt sich jede dieser notwendigen Maßnahmen und Veränderungen unmittelbar auf die Menschen aus und bringt unvermeidlich Einschränkungen, Belastungen und Unsicherheiten mit sich. Jede dieser Maßnahmen und Veränderungen – ob es nun um Preise, die die ökologische Wahrheit sagen, um einen Windpark in Wohnnähe, um Stromtrassen, ein Tempolimit, autofreie Zonen in Städten, die Verringerung des Fleischkonsums oder den Verzicht auf Flüge und Kreuzfahrten geht – enthält ein Agitations- und Konfliktpotential.

Die Strategie der Rechten ist, dieses Konfliktpotential zu nutzen und zugleich in einen neuen Interpretationszusammenhang zu stellen.

Dabei versucht die Rechte, sich als Bewahrer der „fossilen Lebensweise“ darzustellen. Dazu wird der Klimawandel geleugnet oder als unbedeutend dargestellt. Aus dieser Sicht sind Maßnahmen gegen den Klimawandel und persönliche Einschränkungen nicht nur unnötig, sondern eine „links-grün versiffte“, ideologisch begründete Bevormundung und Umerziehung, gegen die man sich zu wehren habe. Im nächsten Schritt wird daraus eine Verschwörung von „Eliten“, die den Klimawandel erfinden oder aufbauschen, um die Freiheit, die Rechte und den Wohlstand des Volkes einzuschränken oder zu beseitigen.

Proteste gegen Windkraftanlagen, demonstrativer Fleischkonsum, Ölheizungen, freie Fahrt für freie Bürger oder Billigflüge erhalten so einen gemeinsamen Interpretationsrahmen: sie werden zum „Freiheitskampf“ gegen „die da oben“, die dem Volk alles wegnehmen und verbieten wollen.

Unverkennbar sind die Parallelen zur Instrumentalisierung der Corona-Pandemie durch die Rechte. Auch hier werden die von der Pandemie ausgehenden Gefahren geleugnet oder bagatellisiert. Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und zum Schutz der Bevölkerung werden als Freiheitsberaubung und Entrechtung diffamiert und mit der NS-Diktatur gleichgesetzt. Es wird von dunklen Mächten schwadroniert, die Corona erfunden haben oder ausnutzen, um die Menschen in Angst zu versetzen und eine Diktatur zu errichten. Die Verweigerung von Masken oder Impfungen wird zum Symbol des „Freiheitskampfes“.

Der Klimawandel ist bereits jetzt eine der Hauptursachen dafür, dass weltweit immer mehr Menschen vor Hunger, Krieg und Verfolgung fliehen müssen. Der jährliche Bericht des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) benennt dazu eine Zahl von 103 Millionen Menschen. (23) Das Fortschreiten des Klimawandels würde weitere riesige Gebiete in unbewohnbare Wüsten verwandeln, Küstenstädte überfluten, Kriege um Wasser und Nahrungsmittel provozieren und so Fluchtbewegungen in bisher nicht vorstellbaren Dimensionen auslösen. Abermillionen von Menschen, denen die Lebensgrundlage entzogen wurde und die nichts mehr zu verlieren haben, würden sich auf den Weg in Regionen machen, in denen Leben noch möglich ist. Bei einem solchen Szenario würden Stimmen, die autoritäre Lösungen einschließlich einer gewaltsamen Verteidigung der „Festung Europa“ unter Einsatz des Militärs fordern, weiter an Einfluss gewinnen. Es liegt auf der Hand, dass die Rechte in einer solchen Zuspitzung ihre Chance sieht, die Demokratie zu zerstören und eine autoritäre oder faschistische Herrschaft durchzusetzen.

Weiter ergeben sich für die Rechte aus dem Kampf gegen die „Klimadiktatur“ zusätzliche Bündnisoptionen. Für eine Reihe großer Konzerne und Banken besteht ein erhebliches finanzielles Interesse daran, fossile Energien nicht nur weiterhin zu nutzen, sondern ihre Nutzung noch auszubauen. Nach einer britischen Studie investierten die 30 größten börsennotierten Finanzkonzerne der Welt in den Jahren 2020 und 2021 740 Milliarden Dollar in die Erschließung und den Ausbau fossiler Energien. (24) Die 60 größten Banken der Welt haben seit Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens im Dezember 2015 Investitionen in Höhe von 3,8 Billionen Dollar in fossile Energien finanziert. (25) Natürlich sollen Investitionen in dieser Größenordnung auch langfristig Rendite abwerfen. Für die Rechte ergibt sich daraus die Chance, sich Konzernen und Banken nicht nur als Klimaleugner und Verteidiger des fossilen Zeitalters anzudienen, sondern auch als machtpolitische Alternative, falls diese ihre Interessen durch demokratische Regierungen nicht mehr hinreichend gewahrt sehen.

Ob Hetze gegen Geflüchtete, ob Corona-Leugnung, ob die Agitation gegen eine „Klimadiktatur“ oder die Teuerungen infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine – alles fügt sich zu einem Bild zusammen. Stets geht es der Rechten darum, eine kulturelle Hegemonie zu erreichen, indem die Welt sozialdarwinistisch interpretiert wird. Nie geht es darum, gemeinsame Lösungen für gemeinsame Probleme zu finden. Die Welt wird in „Wir“ und „Die“, in Gut und Böse, in Freund und Feind aufgeteilt, wobei der Feind seine Ziele im Verborgenen, durch Infiltration und Zersetzung zu verwirklichen sucht. Fluchtbewegungen seien keineswegs Folge von Kriegen, Umweltzerstörung und Armut, sondern der Versuch, die kulturelle und nationale Identität Europas durch Masseneinwanderung zu zerstören. Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie dienten den „Eliten“ dazu, die Bevölkerung einer weitgehenden Kontrolle zu unterwerfen. Die Eliten zersetzen die „natürliche Ordnung“, indem sie eine „Rassenvermischung“ fördern und die Familie als Keimzelle einer patriarchalischen Ordnung zerstören. Durch die „Klimadiktatur“ schließlich soll das Volk verarmen und dem Willen dunkler Mächte unterworfen werden.

Great Reset

All diese Elemente sind in die Verschwörungslüge vom „Großen Neustart“, dem „Great Reset“, eingegangen und dort zusammengefasst. Nach dieser „Theorie“ sind es die im Weltwirtschaftsforum in Davos zusammenkommenden und von den Juden Soros und Rothschild gesteuerten Eliten, die die Angst vor Corona schüren und nutzen, um die Weltbevölkerung durch Impfungen zu dezimieren, durch das Implantieren von Chips zu überwachen und zugleich durch die Erfindung einer drohenden Klimakatastrophe eine „Klimadiktatur“ zu errichten. (26)

Die Postulierung einer allgegenwärtigen Bedrohung durch einen im Dunklen agierenden Feind soll nicht nur Abwehrreflexe mobilisieren, sondern auch Identifikation ermöglichen und Identitäten schaffen. Wieder geht es um die Behauptung einer existentiellen Bedrohung, die eine Notwehrsituation schafft, in der individuelle Gewalt ebenso legitim ist wie ein gewaltsamer Umsturz.

Besonders zu empfehlen:
3sat: „Die Neue Rechte – der Wahn vom homogenen Volk“. Die gut recherchierte Dokumentation von 3sat zeigt Geschichte, Ideologie, Akteure und Strategien der Neuen Rechten: https://www.3sat.de/gesellschaft/politik-und-gesellschaft/die-neue-rechte-der-wahn-vom-homogenen-volk-104.html

Wir empfehlen weiter:
Volker Weiß: „Die autoritäre Revolte – die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes“.
Zur „rhetorischen Kriegsführung“ der Rechten: Natascha Strobl, in: Frankfurter Rundschau online: „Die extreme Rechte fantasiert einen Kriegszustand herbei“. Die Rechten und die Sprache: https://www.fr.de/politik/extremismus-forscherin-analysiert-sprache-rechtsextremen-13553622.html

Aktuell zur Instrumentalisierung der Corona-Pandemie gegen den demokratischen Rechtstaat und eine aufgeklärte Gesellschaft: Heike Kleffner/Mathias Meisner: „Fehlender Mindestabstand – die Coronakrise und die Netzwerke der Demokratiefeinde“

Zdf: „Verschwörungswelten. The Great Reset“: https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/verschwoerungswelten-the-great-reset-100.html

Quellen, Hinweise und weitere Informationen

(1) Volker Weiß, Die autoritäre Rechte, S.29

(2) Steinhagen, Rechter Terror, S.93

(3) Mohlers Doktorvater, Ernst Jünger, bezeichnete Mohlers Thesen als „Unfug“, nahm die Dissertation aber an, weil sie „nur wenig Schaden anrichten“ kann.

(4) Mohler, zitiert nach Weiß, Die autoritäre Revolte, S. 60

(5) Volker Weiß, zitiert nach Steinhagen, S.225; Das Buch „Deutschland schafft sich ab“ erreichte bisher eine Auflage von 1,5 Millionen. Noch mehr zur Verbreitung und Enttabuisierung der Thesen trug der mediale Hype bei, der Sarrazin die Möglichkeit bot, weitere Millionen Menschen zu erreichen.

(6) Grundlegend zum Thema Neue Rechte: Volker Weiß: Deutschlands neue Rechte. Angriff der Eliten – von Spengler bis Sarrazin. Paderborn u. a. 2011;
Der Begriff „Großer Austausch“ geht auf das Buch des französischen neurechten Autors Renaud Camus zurück „Le grand remplacement“ von 2010 zurück.

(7) Weiß, Die autoritäre Revolte, S. 26

(8) Weiß, Die autoritäre Revolte, S.12

(9) Möller van der Bruck ist zitiert nach Weiß, Die autoritäre Revolte. S. 61. Den Angriff auf die liberale Demokratie und die Grundlagen der Aufklärung, der auf die Weimarer Rechte zurückgeht, erläutern ausführlich: Volker Weiß, Die autoritäre Revolte, S. 59 ff und S.187 ff sowie Ulrich Herbert, Wer waren die Nationalsozialisten, S. 57–82. Siehe dazu in dieser Ausstellung das Thema „Die aufgezwungene Kultur der Sieger“.

(10) Vielfach unbekannt ist: die rechte Agitation gegen eine angebliche Überfremdung ist nicht neu, sondern hat ihre Wurzeln in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Seit etwa 1870 war die deutsche Industrie in atemberaubendem Tempo gewachsen. Der Bedarf an Arbeitskräften konnte auch durch zusätzliche Kinderarbeit nicht gedeckt werden. Deshalb bediente sich die Industrie aus dem Menschenreservoir industriell weniger entwickelter Länder und Regionen, insbesondere aus Polen. Die „Fremdarbeiter“ konnten zudem benutzt werden, um Löhne zu drücken, Arbeitsbedingungen zu verschlechtern und die entstehende Arbeiterbewegung zu spalten. Der Einsatz von „Fremdarbeitern“ kollidierte allerdings mit dem wachsenden nationalistischen und völkischen Denken, das auf eine monoethnische Gesellschaft drängte, also Deutschland den Deutschen vorbehalten wollte. Die „Lösung“ dieses Zwiespalts bestand in der demonstrativen Diskriminierung und Ausgrenzung der nicht-deutschen Arbeitskräfte. Diese wurden nach Möglichkeit in separaten Unterkünften und Lagern untergebracht. Um sichtbar zu machen, dass sie nicht dazugehören, mussten die ausländischen Arbeitskräfte in jedem Winter Deutschland für einige Monate verlassen, um dann im Frühjahr wieder zur Arbeit zurückzukommen.
Allerdings ließ sich diese ideologisch motivierte Ausgrenzung auf Dauer nicht gegen die wirtschaftlichen Zwänge und Interessen durchhalten. So konnten sich viele Arbeiter insbesondere aus Polen in den industriellen Zentren wie dem Ruhrgebiet behaupten und integrieren und schließlich ihre Familien nachholen. Der Polenhass blieb dennoch.

(11) Deutscher Bundestag, Textarchiv 2018, 555494. Die Begriffskombination von Weidel ist ein Musterbeispiel für die manipulative Technik des „Framing“. Weidel suggeriert nicht existente Zusammenhänge (Kopftuchmädchen und Messerstecher) und stellt diese in einen Interpretationsrahmen, in dem Migrant*innen und Geflüchtete nur noch als Gefahr und „Taugenichtse“ wahrgenommen werden.
Eine weitere aufschlussreiche Darstellung findet sich im Reclam-Heft: Heinrich Detering, Was heißt hier „Wir“? – zur Rhetorik der parlamentarischen Rechten

(12) Höcke zitiert nach Tagesspiegel 19.1.2017, Dresdner Rede im Wortlaut: https://www.tagesspiegel.de/politik/hoecke-rede-im-wortlaut-gemuetszustand-eines-total-besiegten-volkes/19273518.html

(13) siehe dazu: Panorama. https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/AfD-Hoeckes-Lehre-von-Menschentypen,hoeckeslehre100.html

(14) ebd.

(15) siehe Tagesspiegel, 25.2.2016. https://www.tagesspiegel.de/politik/wir-konnen-uns-nicht-von-kinderaugen-erpressen-lassen-4452304.html

(16) Björn Höcke, Dresdner Rede, s. Anm. 12

(17) Gauland zitiert nach: Tagesspiegel, 2.6.2018

(18) Gauland, zitiert nach: faz, 5.6.2016

(19) siehe auch Anm. 12.
Mit der Verschwörungslegende vom „Großen Austausch“ beschäftigt sich ein sehenswerter Beitrag des Magazins Panorama: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama_die_reporter/Verschwoerungstheorie-Der-grosse-Austausch,sendung1000814.html

(20) siehe dazu u.a.: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-antisemitismus-corona-demos-qanon-verfassungsschutz-1.5173333

(21) siehe dazu und zu den weiteren Ausführungen Heitmeyers: https://www.fr.de/politik/soziologe-heitmeyer-zu-den-querdenken-demos-es-geht-ums-ganze-91244388.html

(22) zum Begriff Klima-Diktatur siehe u.a.: https://gegneranalyse.de/behauptung-9/

(23) siehe: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/fluechtlingszahlen.

(24) Zahlen nach: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/finanzkonzerne-banken-investitionen-klimaschutz-101.html

(25) Zahlen nach: https://www.energiezukunft.eu/wirtschaft/das-schmutzige-finanzgeschaeft-der-banken/.

(26) siehe dazu: https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/verschwoerungswelten-the-great-reset-100.html; zu empfehlen sind: Katharina Nocun/Pia Lamberty: Fake Facts – wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen sowie ebenfalls Nocun/Lamberty: True Facts – wes gegen Verschwörungstheorien wirklich hilft

 

Fotonachweise:

Abrechnung mit Bundeskanzlerin Merkel mit offener Gewaltdrohung: Eine Kundgebung von u.a. Pegida 1.12.2018: IMAGO / Christian Mang, https://www.imago-images.de/

Rechte Kundgebung von u.a. Pegida in Berlin am 1.12.2018: IMAGO / Christian Mang, https://www.imago-images.de/

Rechte Hetze. Die Rede von „Umvolkung“: IMAGO / IPON, https://www.imago-images.de/

Eine „Ausländer raus“-Version – wenn nicht freiwillig, dann durch Pogrome: IMAGO / IPON, https://www.imago-images.de/

Mittelalterlicher Ritualmord: Juden töten christliche Kinder, um deren Blut zu trinken. Diese antisemitische Lüge führte immer wieder zu Pogromen: Karol (Charles) de Prevot,

Sandomierz katedra – mord rytualny, gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10041115

Plakat von Corona-Leugnern: zeitlich begrenzte Einschränkungen werden mit dem Weg in die NS-Gewaltherrschaft und den Krieg gleichgesetzt. Dadurch werden gleichzeitig die NS-Diktatur und deren Verbrechen verharmlost: IMAGO / Andreas Haas, https://www.imago-images.de/