Deutschland von 1945 bis heute

Nach den unfassbaren Verbrechen durch das NS-Regime kann es nach dessen Zerschlagung nur eine Lehre geben: es gilt, ein Deutschland aufzubauen, von dem nie wieder Krieg, Gewalt, Massenmord und Menschenverachtung ausgehen. Ist das gelungen?

Neubeginn oder Verdrängen und Vergessen

Die Voraussetzungen für einen demokratischen Neubeginn sind nicht einfach. Millionen Deutsche waren überzeugte Nazis und sind es auch noch nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes. Das Gift, das die NS-Propaganda über Jahre in die Köpfe der Bevölkerung verpflanzt hat, ist nicht über Nacht verschwunden. Auch nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes ist noch über Jahre die Mehrheit der Deutschen der Meinung, der Nationalsozialismus sei eine im Grunde gute und lediglich schlecht ausgeführte Idee gewesen (1). Umgekehrt wurden von 1933 bis 1945 zehntausende Antifaschistinnen und Antifaschisten interniert und ermordet. Viele Angehörige der kritischen und demokratischen Intelligenz haben das Land verlassen. Die Chance auf einen demokratischen Neubeginn ergab sich nicht durch einen Aufstand gegen ein despotisches und menschenverachtendes Regime, sondern war Ergebnis dessen militärischer Niederlage.

Zwischen weiterhin überzeugten Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten und Verfechterinnen und Verfechtern eines demokratischen und antifaschistischen Neuaufbaus steht eine Mehrheit von Deutschen, die sich von den Versprechungen und anfänglichen Erfolgen der Nationalsozialisten hat blenden lassen und Hitler willig in den Krieg gefolgt ist. Diese Menschen werden durch die Kriegswende und den weiteren Kriegsverlauf desillusioniert und zermürbt. Entgegen dem offiziell propagierten „Endsieg“ wird ihnen zunehmend klar, dass der Krieg verloren ist. Was von dem angepriesenen „Tausendjährigen Reich“ bleibt, ist die Hoffnung, irgendwie zu überleben.

Auch nach dem Krieg geht es für die meisten Menschen zunächst um das nackte Überleben, um die Beschaffung von Essen, Wohnraum und Heizmaterial. Politischen Versprechungen misstrauen sie.

Der Neubeginn nach 1945 erfolgt zunächst unter der Kontrolle der Siegermächte, die das klare Ziel haben, das Wiederaufleben des Nationalsozialismus, den sie mit großen Opfern niedergerungen haben, zu verhindern. Deshalb versuchen sie, wichtige Positionen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft mit Menschen zu besetzen, die sie als demokratisch zuverlässig und integer einschätzen. Auf diese Weise kommt ein Grundgesetz zustande, das von den Erfahrungen mit dem Krieg und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geprägt ist. Die Grund- und Menschenrechte werden gegenüber der Weimarer Verfassung nochmals gestärkt, ein Rechts-, Sozialstaats- und Friedensgebot in die Verfassung aufgenommen.

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Grundrechte im Grundgesetz

Häufig jedoch stößt das Ziel eines demokratischen Neubeginns auf weit verbreitete antidemokratische Einstellungen und Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus in den Köpfen vieler Menschen.

Besonders die Aufarbeitung der NS-Verbrechen gestaltet sich schwierig. Die Verbrechen werden vielfach geleugnet oder nur der engeren Führungsclique um Hitler zugeordnet. Die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, die die Gräuel und Verbrechen des NS-Regimes offenlegen, werden vielfach als „Siegerjustiz“ diffamiert und wahrgenommen. Die „Entnazifizierung“ stößt häufig auf eine Mauer des Schweigens in der deutschen Bevölkerung und führt auch deshalb zu Ergebnissen, die als ungerecht empfunden werden und rechter Agitation Tür und Tor öffnen (2). Viele Deutsche wollen bald nichts mehr von den Gräueln in den Vernichtungslagern und den Verbrechen der Nazis hören und sehnen sich nach einer „Normalität“. So gelingt es den Tätern und Mitläuferinnen und Mitläufern, an nationalistische Ressentiments anzuknüpfen und die Stimmung in Richtung einer Schlussstrich- Mentalität zu lenken. Bezeichnend für das Vergessen und Verdrängen ist die erste Regierungserklärung des damaligen Bundeskanzlers Adenauer, in der mit keinem Wort auf die gerade fünf Jahre zurückliegende Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden eingegangen wird. (3)

Die fatale Folge der Schlussstrich-Mentalität ist, dass das von den Nazis verabreichte Gift des Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus weiterwirken kann. Mörderinnen udn Mörder und Gewalttäter bleiben straffrei. Auch hochrangige und überzeugte Nazis können in der neuen Demokratie wieder wichtige Positionen einnehmen. Der beginnende Kalte Krieg verstärkt diese Tendenzen.

Der Historiker Norbert Frei schreibt zur „Vergangenheitspolitik“ der fünfziger Jahre:

In diesem Kontext wurde eine beispielhafte Strategie der Verharmlosung, Irreführung und Verleugnung aufgeboten, die am Ende selbst ruchlosesten NS- Verbrechern zur Freiheit verhalf; sogar Einsatzgruppenführer, die Tausende von Menschen auf dem Gewissen hatten, kamen damals aufgrund massiven politischen und gesellschaftlichen Drucks frei. (4)

Die schon vorher nur zaghafte Aufklärung und Verfolgung der Verbrechen durch die bundesdeutsche Justiz wird in den Jahren 1950 bis 1958 faktisch eingestellt. Frei spricht von einer „aktiven Begünstigung der Täter“, die einen „moralischen Zerrüttungszustand durch bewussten Verzicht auf die Herstellung von Gerechtigkeit“ hervorgerufen habe. (5)

Der Holocaust- Überlebende Ralph Giordano hat für die Verweigerung der Auseinandersetzung mit den NS- Verbrechen, die Milde mit den Tätern, die Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern und das Ausbleiben von Konsequenzen den Begriff der „Zweiten Schuld“ geprägt. (6)

Die Erinnerung an eine parlamentarischen Demokratie ist mit großen Probelmen verbunden. Erhebliche Teile der deutschen Bevölkerung stehen der Demokratie ablehnend gegenüber. Befragungen des Allensbacher Instituts für Demoskopie decken sich mit den von der amerikanischen Militärverwaltung erhobenen Daten und ergeben bis weit in die fünfziger Jahre hinein heute unvorstellbare Ergebnisse. So sind 1951 44 Prozent der Befragten der Meinung, im Nationalsozialismus sei es den Deutschen im 20. Jahrhundert am besten gegangen. 43 Prozent nennen das Kaiserreich und nur sieben Prozent die Zeit der Weimarer Demokratie. 1956 sehen mehr als 30 Prozent der Deutschen Hitler uneingeschränkt oder weitgehend positiv. Weitere 40 Prozent wollen auch „gute Seiten“ an Hitler erkennen und lediglich 28 Prozent beurteilen ihn als „gewissenlos“ und „verbrecherisch“. (7)

Der Holocaust Überlebende Ralph Giordano erklärt dies so:

So sehen Demokratien ohne gewachsene Demokratiegeschichte eben aus. Die zweite deutsche Demokratie war die Nachfolgerin eines Gewaltstaates ohnegleichen, und sie war es über eine lange Phase in der Nachkriegsgeschichte mit derselben Bevölkerung wie vor 1945. Nun können zwar die Führer einer bestimmten Geschichtsepoche verjagt werden, nicht aber das Volk, das sie hervorbrachte. (8)

Anders als in der Weimarer Republik ist die Anfangsphase der demokratischen Staatsform von einem langanhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung begleitet. Die Bevölkerung macht entgegen der verbreiteten Skepsis gegenüber der Demokratie die Erfahrung, dass eine parlamentarische Demokratie nicht zu Elend, Arbeitslosigkeit und politischem Chaos führen muss, sondern wirtschaftliches Wachstum, soziale Stabilität und zudem auch Schutz vor Willkür des Staates oder der herrschenden Partei mit sich bringen kann. Dadurch beginnt ein sich über zwei Jahrzehnte hinziehender Bewusstseinswandel, in dessen Ergebnis die demokratische Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland allmählich von der Mehrheit der Bevölkerung angenommen wird.

Demokratischer Aufbruch

Die 60er und 70er Jahre können in der Rückschau als Jahrzehnte der Neuorientierung und des Aufbruchs gesehen werden. Eine Mehrheit der Bevölkerung hat allmählich ein positiveres Verhältnis zur Demokratie gewonnen und lehnt die Wiedererrichtung eines autoritären Staates ab. Im Zuge eines konfliktreichen kulturellen Umbruchs beginnen westliche Werte wie Individualismus, Liberalismus und Weltoffenheit zunehmend völkisches, nationalistisches und militaristisches Denken zu verdrängen. Anders als noch in der Weimarer Republik wünscht sich die Mehrheit der Bevölkerung ein friedliches Zusammenleben mit den Nachbarinnen und Nachbarn und lehnt es ab, die Ergebnisse des Krieges erneut mit Waffengewalt zu korrigieren. „Der Frieden ist der Ernstfall“ hatte der 1969 gewählte Bundespräsident Gustav Heinemann in seiner Antrittsrede erklärt. Und tatsächlich wirkt eine lange Periode des Friedens, in der Verständigung, Ausgleich und die Gestaltung der gesellschaftlichen Zukunft statt dem nächsten Waffengang zum Thema werden, in hohem Maße demokratiefördernd und zivilisierend.

In dieser Phase werden auch das Verdrängen und Vergessen durchbrochen. Dies geschieht zunächst nur vereinzelt. Eine wichtige Signalwirkung hat der Ulmer Einsatzgruppenprozess von 1958. Es folgen die Frankfurter Auschwitz-Prozesse 1963 bis 1965 und der Prozess gegen den Organisator des Holocausts Adolf Eichmann in Jerusalem. Nach einer langen und emotionalen Diskussion verlängert der Bundestag 1965 die Verjährungsfrist für NS-Morde und hebt sie schließlich 1969 ganz auf. Auch die Fragen der antiautoritären Studierendenbewegung nach der Vergangenheit brechen das Schweigen auf.

Eine breite öffentliche Wahrnehmung des Holocausts entsteht erstmals 1979 durch eine Fernsehserie über das Schicksal der jüdischen Familie Weiss. Diese Serie und eine Reihe historischer Forschungen verändern die Wahrnehmung der Geschichte. Dies führt zu einer Reihe von Auseinandersetzungen, in denen sich immer mehr zeigt, dass die Verbrechen des NS- Regimes nicht einzig das Werk Hitlers und einer kleinen Clique um ihn herum waren, sondern dass viele Deutsche und besonders auch die gesellschaftlichen Eliten in die Verbrechen verstrickt waren. Allmählich, wenn auch immer noch unzureichend, werfen Forschungen ein Licht auf die blinden Flecken in der Vergangenheit, insbesondere die Verbrechen an der sowjetischen und polnischen Zivilbevölkerung beim Vernichtungskrieg im Osten und den Hungertod von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener. Vielen Menschen wird bewusst, dass die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Vergangenheit keine „Nestbeschmutzung“ darstellt, die einer masochistischen Lust an nationaler Erniedrigung und einem „Kult der Schande“ entspringt, sondern Voraussetzung dafür ist, die Zukunft demokratisch und in Frieden mit den Nachbarinnen und Nachbarn gestalten zu können. Eine besondere Wegmarke stellt die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag des Kriegsendes dar, in der von Weizsäcker als erstes bundesdeutsches Staatsoberhaupt feststellte, dass der 8. Mai 1945 kein Tag der Niederlage, sondern „ein Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ war. (9)

In diesen Jahren entsteht die Basis für eine politische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung, die von stabilen demokratischen Strukturen, einer engagierten Zivilgesellschaft, einer wachsenden Weltoffenheit und Internationalisierung gekennzeichnet ist. Genau hier verlaufen die Konfliktlinien mit der Rechten, die die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges revidieren und die europäischen Grenzen verändern will, die zu einem autoritären Staat statt einer offenen Gesellschaft zurückkehren will, die nationales Denken an die Stelle einer weltoffenen Kultur setzen will, die Liberalismus und Individualismus ablehnt und die an die Stelle von Vielfalt eine ethnisch, geistig und kulturell gleichgeschaltete Nation setzen will.

Rechte Agitation und rechte Gewalt

(Neo-)Nazistische Strukturen und Ideologien bestehen auch nach 1945 weiter. Die rechte Agitation konzentriert sich auf die Verharmlosung, Relativierung oder Leugnung der NS-Verbrechen. Der Aufschwung der NPD ab Mitte der sechziger Jahre bleibt ein Zwischenspiel. In diese Phase fällt das Attentat auf Rudi Dutschke. Ab Mitte der siebziger Jahre gehen neonazistische Gruppierungen verstärkt zu terroristischen Anschlägen über. 1980 ermordet ein Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann den Erlanger Rabbiner Shlomo Lewin und dessen Lebensgefährtin Frida Poeschke. Beim Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest sterben 13 Menschen. Erstmals fordert ein Brandanschlag auf Asylbewerberinnen und Asylbewerber Todesopfer. Zwei Polizisten, die einen Waffenschmuggel über den Rhein verhindern wollen, werden von einem Neonazi erschossen.

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Auf dem Münchner Oktoberfest detoniert eine von Rechtsterroristen gelegte Bombe am 26. September 1980, 22.14 Uhr.

Durch den Bombenanschlag werden 13 Menschen getötet und über 200 Menschen verletzt. Fast 40 Jahre lang wird ein rechter Hintergrund bestritten.

Nach der Vereinigung Deutschlands beginnt 1990 eine Welle rechter Gewalt, die bis heute anhält. Recherchen zivilgesellschaftlicher Organisationen und diverser Presseorgane belegen mehr als 200 Todesopfer rechter Gewalt. Betroffen sind vor allem Migrantinnen und Migranten und Asylsuchende, obdachlose, kranke und behinderte Menschen, politische Gegnerinnen und Gegner und erneut Jüdinnen und Juden. Die Gefahr wird vielfach verharmlost. Auch die NSU-Mordserie bleibt ohne ernsthafte Konsequenzen.

Ab dem Ende der 80er Jahre richtet sich die rechte Agitation zunehmend gegen Migrantinnen und Migranten und Asylsuchende. Die Rechte sieht darin die Chance, die Verunsicherung vieler Menschen durch weltweite Umbrüche zu nutzen, um völkisches und nationalistisches Denken wieder zu beleben, Hass zu schüren und Gewalt herbeizureden. Gleichzeitig erweisen sich rassistische Vorurteile als Hebel, um Zustimmung in Teilen der Gesellschaft zu erreichen und die „Altparteien“ vor sich herzutreiben. Die Gewalt von Rechts erhält 2015 mit der Aufnahme einer großen Zahl von Geflüchteten nochmals Auftrieb und hält bis heute an. Zugleich versucht die Rechte immer mehr, in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen und dort Einfluss und Verbündete zu gewinnen. In den letzten Jahren häufen sich die Alarmzeichen. Dazu gehören die Morde an Walter Lübcke, der antisemitische Anschlag von Halle und die rassistischen Morde von Hanau. Gleichzeitig werden Chatgruppen von Polizistinnen und Polizisten mit rassistischen und teilweise nazistischen Inhalten bekannt. Eine Eliteeinheit der Bundeswehr muss wegen rechtsextremistischen Vorkommnissen aufgelöst werden. Es häufen sich Berichte über die Bewaffnung gewaltbereiter Rechter, das Verschwinden von Munition bei Polizei und Bundeswehr und die Existenz von Waffenlagern. Todeslisten politischer Gegnerinnen und Gegner werden zusammengestellt. Und all dies geschieht vor dem Hintergrund eines weltweiten Aufschwungs rechtspopulistischer, nationalistischer und auch faschistischer Kräfte und Strömungen, die in einer Reihe von Ländern nach der Macht greifen oder diese bereits errungen haben.

Rechtes Denken, rechte Gewalt und deren Einsickern in den gesellschaftlichen Diskurs und staatliche Organe sind heute die größte Bedrohung der Demokratie und eines friedlichen Zusammenlebens. Gegen diese Gefahr helfen kein Verharmlosen, kein Wegsehen und Leugnen. Vielmehr geht es darum, eine Gesellschaft zu schaffen, die Schutz und soziale Sicherheit für Alle bietet, Vielfalt ermöglicht, Respekt und Offenheit fördert und zu den im Grundgesetz formulierten Rechten und Werten steht.

Besonders zu empfehlen:

Dokumentation: Geständnisse eines Neonazis

ZDF-Mediathek: https://www.zdf.de/dokumentation/gestaendnisse-eines-neonazis

Die hervorragend recherchierte Dokumentation auf der Basis der Aussagen eines Aussteigers besteht aus drei Teilen:
Teil 1: Radikalisiert von klein auf
Teil 2: Waffenhandel für Rechtsextreme
Teil 3: Sie sind bereit

Die Dokumentation behandelt u.a. neonazistische Agitation, Morde und Gewalttaten, die Beschaffung von Waffen und das Training damit, Pläne, Strukturen und Netzwerke militanter Neonazis und deren Finanzierung, Querverbindungen zur „Neuen Rechten“, zur parlamentarischen Rechten sowie Angehörigen der Polizei und der Bundeswehr. Immer wieder wird auch deutlich, wie die Gefahren durch Politik, Sicherheitsorgane und Öffentlichkeit geleugnet oder bagatellisiert werden.

Die Dokumentation eignet sich sowohl zur eigenen Information als auch zum Einstieg in oder Begleitung von Projekten oder Veranstaltungen.

Quellen, Hinweise und weitere Informationen

(1) Befragungen im Auftrag der amerikanischen Militärverwaltung (OMGUS) im Zeitraum von 1945 bis 1949, in: Meritt, Public Opinion in Occupied Germany, S.33 ff

(2) Eine besondere Rolle bei dieser Agitation spielt die Behauptung, die Siegermächte würden den Deutschen eine „Kollektivschuld“ an den Naziverbrechen anlasten und eine „Justiz der Sieger“ gegenüber dem entrechteten deutschen Volk betreiben. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall. Sowohl bei den Kriegsverbrecherprozessen als auch bei den Spruchkammerverfahren wurde stets nach der individuellen Schuld der Angeklagten bzw. Beschuldigten gefragt. Die Probleme der Verfahren ergaben sich sowohl aus der systematischen Vernichtung von Beweismaterial durch die Nazis als auch aus dem Verhalten großer Bevölkerungsteile nach dem Krieg. Viele verschwiegen ihr Wissen über NS-Verbrechen und die Beteiligung von Beschuldigten daran. Oftmals wurden Beschuldigte aufgrund falscher oder verharmlosender Zeugenaussagen entlastet oder als minder belastete „Mitläufer“ eingestuft. Diese Schwierigkeiten wurden genutzt, um mit Behauptungen wie „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ Stimmung gegen die Entnazifizierung zu machen und eine Amnestie für verurteilte NS-Verbrecher zu fordern. Siehe dazu auch Wolfgang Benz in: „Warum Hitler? – die Deutschen und ihr Nationalsozialismus“ S.105 ff

(3) Die Regierungserklärung ist im Wortlaut nachzulesen bei der Konrad Adenauer Stiftung: https://www.kas.de/de/einzeltitel/-/content/erste-regierungserklaerung-von-bundeskanzler-adenauer

(4) Norbert Frei, 1945 und wir, S.46/47

(5) Frei, 1945 und wir, S.48

(6) So der Titel des Buches von Ralph Giordano

(7) Zu der Befragung siehe Annette Weinke im Sammelband „Warum Hitler?“: S.115 ff

(8) Ralph Giordano, die zweite Schuld, S.110

(9) Die Rede hat ein breites Echo hervorgerufen. Siehe dazu u.a.: https://www.deutschlandfunkkultur.de/35-jahre-weizsaecker-rede-zum-kriegsende-erloesung-durch-100.html

 

Fotonachweise:

Grundrechte im Grundgesetz: IMAGO / photothek, https://www.imago-images.de/

Auf dem Münchner Oktoberfest detoniert eine von Rechtsterroristen gelegte Bombe 1980: IMAGO / WEREK, https://www.imago-images.de/